Die Sicht der Ältesten zur Seelsorge
Einer der Vorteile des Lebens in einer Ortsgemeinde ist die Möglichkeit, einander in Liebe die Lasten zu tragen (Galater 6,1-2). Wir alle machen irgendwann im Leben Herausforderungen durch, bei denen wir den Beitrag und die Unterstützung von Mitchristen brauchen. Dieses kurze Konzept umreißt einige Grundprinzipien, die unsere Seelsorge in der Bibelgemeinde Berlin leiten.
Seelsorge ist ein Dienst, der biblische Unterweisung, Korrektur, Orientierung und Mitgefühl für diejenigen bietet, die Schwierigkeiten im Leben haben, die sie bedrücken, oder geistliche Fragen, die sie nicht beantworten können. Als Ortsgemeinde ist es ein Privileg, Menschen in solchen Zeiten der Not zu dienen.
Heilige Schrift und Seelsorge
Als Gemeinde sind wir davon überzeugt, dass die Heilige Schrift alles enthält, was für das Leben und die Gottesfurcht notwendig ist. Sie ist ausreichend, um einen Sünder zum rettenden Glauben an Christus zu führen (2. Timotheus 3,15). Sie reicht auch aus, um Christen in die Lage zu versetzen, ein heiliges, wirksames und freudiges Leben zu führen, egal welche Umstände Gott ihnen gegeben hat (2. Timotheus 3,16-17).
Predigt und Seelsorge
Die Bibelgemeinde hat eine klare Vorstellung von der Beziehung zwischen unserem Kanzeldienst und der Seelsorge. Wir glauben, dass Gott die Predigt als das wichtigste Mittel eingesetzt hat, mit dem der Heilige Geist in unserem Leben als Jünger Jesu wirkt. 1)
Schon der Herr Jesus wurde von seinem Vater auf die Erde gesandt, um sich in seinem öffentlichen Dienst auf das Predigen zu konzentrieren (Markus 1,38-39; Lukas 4,43). Die Apostel folgten dem Herrn in diesem Muster nach (Apostelgeschichte 4,31; 8,4; 11,19-20 u.v.m.). 2) In der finalen Aufforderung in seinem letzten kanonischen Brief vor seinem Märtyrertod, als fast alle ihn verlassen hatten, beschwor der Apostel Paulus seinen Zögling Timotheus in der einen Priorität des Dienstes als Pastor zu verharren: „Predige das Wort“ (2. Timotheus 4,2). Der Prediger adressiert den ganzen inneren Menschen der Zuhörer mit dem Wort Gottes, indem er nüchtern, beständig, langmütig und leidenswillig überführt, zurechtweist, ermahnt und in allem das Evangelium lehrt (2. Timotheus 4,3-5).
Gemeindemitgliedschaft und Seelsorge
Die Bibelgemeinde hat auch eine klare Vorstellung von der Beziehung zwischen Gemeindemitgliedschaft und Seelsorge. Unsere Seelsorge ist ein Vorteil der Mitgliedschaft und in erster Linie den Mitgliedern zugänglich. Diejenigen, die nicht bereit sind, den allgemeinen, öffentlichen Dienst der Gemeinde anzunehmen, sollten von der Gemeinde keinen speziellen, privaten Dienst in der Seelsorge erwarten.
Unsere Ältesten stehen zwar jedem nach dem Gottesdienst für das persönliche Gespräch zur Verfügung, aber während der Woche sind wir in erster Linie für unsere Mitglieder verantwortlich. Daher kann unsere Hilfe für Menschen außerhalb unserer Gemeinde eher darin bestehen, sie an andere Menschen und Ressourcen zu verweisen, als dass wir ihnen persönlich in Einzelgesprächen zur Verfügung stehen.
Gemeindeleben und Seelsorge
Viele Menschen unterschätzen die gesunde Wirkung, die die bloße Teilnahme am Leben und an der Gemeinschaft der Ortsgemeinde haben kann. Wir alle profitieren von der spontanen Liebe und der Ermutigung, die sich zum Beispiel aus natürlichen Gesprächen vor und nach den Gottesdiensten ergibt. Oft sind es die Liebe und die Sorge, die von Mensch zu Mensch zum Ausdruck gebracht werden, die dem inneren Menschen dienen, und nicht die förmliche Beratung am Tisch mit einem Ratgeber. Wer wirklich die Hilfe Gottes in seinem Leben sucht, sollte alle Mittel nutzen, die Er uns zur Verfügung gestellt hat – und dazu gehört insbesondere der regelmäßige Besuch und die Teilnahme am Gemeindeleben (Hebräer 10,24-25).
Weiterleitung zur Seelsorge
Diejenigen, die sich für Seelsorge an die Ältesten wenden, sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass die Ältesten die Seelsorge nicht persönlich übernehmen müssen. Die Bibelgemeinde hat geistlich gesinnte Mitglieder, die in der Lage sind, andere zu beraten.
Nicht jeder Ratsuchende kann darauf bestehen, dass eine bestimmte Person ihn berät. Es ist keine Minderung der Fürsorge, wenn die Ältesten dich an jemand anderen weiterleiten und sagen: „Wir bitten dich, dir bei dieser Person biblischen Rat einzuholen.“
Frauen in der Seelsorge
In der Regel beraten unsere Ältesten Frauen nicht in Einzelgesprächen. Diese Vorgehensweise schützt sowohl die Ältesten als auch die Frauen vor vermeintlicher oder tatsächlicher Unangemessenheit oder emotionalen Bindungen, die entstehen können, wenn ein Mann und eine Frau unter vier Augen über sehr persönliche Angelegenheiten sprechen.
Wir sprechen gerne mit den Frauen, wenn die Gemeinde zu ihren öffentlichen Versammlungen zusammenkommt. Für diejenigen, die einen umfassenderen Rat brauchen, folgen wir der Heiligen Schrift und ermutigen Frauen, sich von anderen Frauen beraten zu lassen (Titus 2,3-5). Die Bibelgemeinde ist gesegnet, Frauen zu haben, die für diese Aufgabe begabt sind. Deine Ältesten helfen dir gerne dabei, eine ratgebende Frau zu finden.
Persönliche Verantwortung in der Seelsorge
Wer um Beratung bittet, bittet um eine zeitliche Verpflichtung seitens der Bibelgemeinde. Wir bieten diese Verpflichtung gerne an; gleichzeitig sollte die Verpflichtung auf Gegenseitigkeit beruhen. Aus diesem Grund bieten wir nur denjenigen Beratung an, die (1) regelmäßig die Gottesdienste und Lehrstunden der Bibelgemeinde besuchen bzw. die Predigten und Lehrstunden zuhause mitverfolgen, wenn sie körperlich verhindert sind, und (2) den Rat befolgen, den sie erhalten.
Diejenigen, die sich beraten lassen wollen, sollten auch ihre eigene Zeit in geistliches Wachstum investieren. Eigenständiges Lesen und das Hören von Predigten können durchaus die nötige Hilfe bieten. Unsere Ältesten helfen dir gerne bei der Auswahl dieser Ressourcen.
Wenn der beratende Bruder oder die beratende Schwester Aufgaben stellt, sollten diese ernsthaft und zeitnah erledigt werden. Eine Beratung hat keinen Sinn, wenn der Ratsuchende die Ratschläge nicht beachtet und seinen eigenen Weg geht.
In der Beratung fokussieren wir uns auf den inneren Menschen. Wir bitten darum, gegebenenfalls die körperliche Verfassung bei einem dafür kompetenten Arzt des Vertrauens untersuchen zu lassen, um Klarheit über eventuelle körperliche, organische Probleme zu erhalten.
Nachfolge und Seelsorge
Das Eine, das unsere Seelen brauchen, ist Versöhnung und Gemeinschaft mit Gott, wie David in der Wüste singt:
„O Gott, du bist mein Gott; früh suche ich dich! Meine Seele dürstet nach dir; mein Fleisch schmachtet nach dir in einem dürren, lechzenden Land ohne Wasser“ (Psalm 63,2 SCHL2000).
Versöhnung und Gemeinschaft mit Gott haben wir nur durch Jesus Christus. Diese Gemeinschaft mit Gott umfasst unser ganzes Leben. Der Herr Jesus ist auch unser perfekter Seelsorger, wie Petrus schreibt:
„Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen; jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu dem Hirten und Hüter eurer Seelen.“ (1. Petrus 2,25 SCHL2000)
Als berufene Nachfolger Jesu imitieren wir Seine Seelsorge, indem wir uns um einander sorgen. Wir beharren auf diesem Weg, bis wir unser Vorbild endlich von Angesicht zu Angesicht sehen:
„Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (1. Johannes 3,2 SCHL2000)
__________________________
1) Der Geist Gottes kennt die Gedanken Gottes und Er ist der letztendliche Autor der Schrift (1. Korinther 2,10-13; 2. Petrus 1,21). So hat Gott verheißen, dass der Heilige Geist der beste Lehrer des Gläubigen ist, wenn Er das Wort Gottes für den Gläubigen erleuchtet, um ihn in das Bild Christi zu verwandeln (2. Korinther 3,18; 1. Johannes 2,26). Der Geist wirkt nicht unabhängig vom Wort Gottes, denn mit dem Geist erfüllt zu sein, bedeutet, mit dem Wort erfüllt zu sein (Epheser 5,18-19; vgl. Kolosser 3,16). Die Predigt erfüllt uns mit dem Wort Gottes.
2) Jeder vierte Vers in der Apostelgeschichte ist eine Predigt.